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Alexander Langer Preis 1998 an Yolande Mukagasana und Jacqueline Mukansonera, Ruanda

2.7.1998, Alexander langer stiftung
Mit der Verleihung dieses Preises im Andenken an Alexander Langer möchten wir in erster Linie ein Beispiel von Solidarität und Zivilcourage aufzeigen, das sich vor dem Hintergrund einer der größten Tragödien unseres Jahrhunderts ereignet hat: das Massaker an 800.000 Menschen aus Ruanda - es waren zum Großteil Tutsi, aber auch sehr viele Menschen vom Stamme der Hutu - innerhalb von wenigen Wochen ab dem 7. April 1994.

Die Tutsi Jolande Mukagasana und die Hutu Jacqueline Mukansonera kennen sich kaum, trotzdem beschließt Jacqueline, Yolande unter dem Einsatz ihres eigenen Lebens vor dem sicheren Tod zu retten. Es hat in Ruanda 1994 sicherlich auch andere ähnliche Fälle gegeben, ebenso wie bei anderen Völkermorden in anderen Ländern.
Wir möchten diesen Vorfall, von dem Yolande in ihrem Buch/Zeugnis „La mort ne veut pas de moi“ (herausgegeben im Verlag Fixot, 1997) erzählt, hervorheben, da er zeigt, daß es auch in den brutalsten und extremsten Situationen Platz gibt für Verantwortung und Einzelinitiative und daß es auch dann möglich ist, Ideale wie Toleranz und das friedliche Zusammenleben der Menschen zu verfolgen.
Mit Yolande Mukagasana wollen wir nicht nur das Opfer eines Völkermordes, in dessen Verlauf diese Frau ihre gesamte Familie verloren hat, auszeichnen, sondern auch ihren Mut und ihren Willen zu überleben, um dann ihre Erfahrung weiterzugeben, damit so furchtbare Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten, sich nicht wiederholen und die Verantwortlichen nicht ungestraft bleiben.
Mit Jacqueline Mukansonera zeichnen wir nicht nur den Mut, den Erfindungsgeist und das Durchhaltevermögen aus, mit denen es ihr gelungen ist, Yolande zu retten, sondern auch die Diskretion und die Bescheidenheit, mit denen sie wieder an ihre Arbeit für christliche Vereinigungen im Ruanda nach dem Völkermord zurückgekehrt ist.
Außerdem möchten wir mit der Verleihung des Preises an diese beiden Personen die Erinnerung an den Völkermord von 1994 aufrecht erhalten, damit wir in Europa ihn nicht als einen der vielen tragischen Vorfälle archivieren, die sich in weit entfernten und abgelegen Gegenden unserer Erde abspielen. Vor nicht mehr als einem halben Jahrhundert befanden sich im Herzen Europas Juden und Arier aus Deutschland, Italien, Frankreich, Holland, Ungarn und vielen anderen Ländern in ähnlichen Situationen wie die Tutsi und Hutu in Ruanda und waren gezwungen, dieselben Entscheidungen zu treffen. Dasselbe gilt, in diesen letzten Jahren, für Kroaten, Bosnier, Serben und die Menschen aus dem Kossovo, oder, in einem anderen Zusammenhang, für Algerier.
Wir möchten Yolande und Jacqueline sagen, daß sie nicht aus einer exotischen und weit entfernten Welt stammen, sondern daß wir alle Teil einer gemeinsamen und untrennbaren Geschichte sind, und daß in jedem Fall der universelle Wert der grundlegenden Menschenrechte unverändert bleibt.
Außerdem möchten wir mit diesem Preis einer polemischen Haltung gegenüber Europa und der gesamten westlichen Welt Ausdruck verleihen.
Der Völkermord 1994 in Ruanda hatte sich geraume Zeit vorher angekündigt und wurde vom Regime von Juvenal Habyarimana ganz ausdrücklich geplant, ein Regime, mit dem sehr viele Länder, allen voran Frankreich, sehr intensive, auch militärische, Beziehungen pflegten.
Die europäische Verantwortung in Ruanda hat sehr tiefe Wurzeln und geht auf jene Zeiten zurück, als die Kolonialmächte auf der Grundlage einer alt bekannten Politik, über die aber zu wenig nachgedacht wird, tatsächliche und scheinbare ethnische Unterschiede manipulierten und anregten; es waren ja schließlich genau diese ehemaligen Kolonialmächte, die ein rassistisches Regime unterstützten, anstatt den sich gegenüberstehenden Seiten, Hutu und Tutsi, die dann Opfer dieser Massaker wurden, Hilfe zu leisten. Selbst die Vereinten Nationen verschlossen die Augen und zogen im April 1994 ihre Soldaten aus dem Land ab; damit war das letzte Hindernis beseitigt und der Weg frei für den Völkermord.
Wir wünschen uns, daß diese jüngste Geschichte Ruandas durch das Zeugnis von Yolande und Jacqueline nicht nur unter dem Aspekt der Bedeutung von Einzelentscheidungen weitergeleitet und überdacht wird, sondern auch als ein Beitrag zur Einleitung von verantwortungsbewußten Beziehungen zwischen den Ländern auf der Grundlage der in den Gründungsurkunden der internationalen Gemeinschaft festgelegten Werte.“

Das Garantenkomitee: Peter Kammerer (Präsident), Birgit Daiber,
Lisa Foa, Renzo Imbeni, Simonetta Nardin, Anna Segre,
Gianni Sofri, Gianni Tamino, Massimo Tesei
pro dialog